Auf der Bremse
Mit einem Konvoi wollen die Bewohner der Wagenburg „Stattpark Olga“ und weitere alternative Wohnprojekte auf den Platzmangel in München aufmerksam machen. Ihr Vorwurf: „Die Stadt kommt nicht in die Puschen“
Von Birgit Lotze
Mit einem Konvoi will eine Reihe Münchner Projekte am Wochenende auf den zunehmenden Platzmangel in der Stadt aufmerksam machen. Zweckentfremdung von Wohnungen und der Ausverkauf von städtischem Grund für teure Mietwohnungen führe zur Ausgrenzung von Menschen mit geringen finanziellen Mitteln, finden die Bewohner der Wagenburg „Stattpark Olga“, die zu den Veranstaltern zählen. Zu hohe Mieten verhinderten auch, dass sich Projekte etablieren könnten, die nicht darauf aus seien, Gewinn zu erzielen. „Wir fordern Freiräume für Wohn- und Kulturprojekte und Zugang zu erschwinglichem Wohnraum für alle“, sagt eine Sprecherin, „eine Stadt wie München braucht mehr unkommerzielle Entfaltungsmöglichkeiten.“
Wohnprojekte wie „Ligsalz 8“, „Rettet die Wagner Burg“, „Borka Feste“ und „El Caracol“ haben ihre Teilnahme bei dem Konvoi vom Harras zum Stattpark-Areal beim Südbahnhof zugesagt, der am Samstag um 16 Uhr startet; das Kafe Marat, die Aktionsgruppe Untergiesing und Bellevue di Monaco sind dabei. Mitmachen kann jeder, der möchte. Mit den Flüchtlingen, die dringend Wohnraum brauchen, wolle man nicht in Konkurrenz treten, hieß es. Man wolle darauf aufmerksam machen, dass in München noch mehr als in anderen Städten Flächen falsch genutzt würden, was die Entfaltung der Stadt und ihrer Bewohner einschränke und nicht fördere.
Die rund 25 Bewohner des Stattparks Olga sind vom Mangel an Freiräumen in der Stadt selbst betroffen. Nur knapp ein Jahr nach dem Umzug von Ramersdorf in die Isarvorstadt auf das Areal an der Ecke Tumblinger-/Ruppertstraße steht ihr Wagenplatz-Projekt bereits wieder zur Disposition. Die Stadt will auf dem Gelände zwischen Kreisverwaltungsreferat, den Gleisen und der Tumblingerstraße nahe beim Viehhof im kommenden Jahr ein Bildungszentrum und ein stadtteilübergreifendes Kulturhaus errichten, Olga kann also nicht bleiben. Ein passendes Grundstück hat das Kommunalreferat für das Wagenplatz-Projekt noch nicht gefunden. Zumindest zeigt sich die Stadt gegenüber den Bewohnern der bunt bemalten Bauwagen, Transporter, Wüsten- und Postbusse, die ein kleines kostenfreies Kulturprogramm anbieten, aufgeschlossen. Man bemühe sich, eine Lösung zu finden, die Olga die Option eröffne, längerfristig zu bleiben, heißt es.
Diese Lösung ist allerdings nicht in Sicht. Jetzt will die Stadt den Olga-Aktivisten zumindest einen Umzug in den kommenden Wintermonaten ersparen: Ist der Boden erst gefroren, sind viele der Wagen kaum noch zu bewegen, die Kabel, oft in der Erde verlegt, eingefroren. In den nächsten Tagen will das Kommunalreferat Olga schriftlich darüber informieren, dass das Projekt bis Ende April am Südbahnhof bleiben kann.
Olga ist laufend in Gesprächen mit der Stadt, bereits seit einem halben Jahr. „Wir machen der Stadt keinen Vorwurf“, so die Wagenburg-Bewohner, „aber die Mühlen mahlen langsam“. Viele Objekte hätten sie angefragt, bereits rund 15 Absagen bekommen – darunter für das Großmarktgelände, den Viehhof, die Trambahnschleife am Leonrodplatz. Auch im Kreativquartier bieten sich offenbar keine Möglichkeiten für einen Wagenplatz. „Wir haben flächendeckend alles mit Google-Maps abgesucht und abgeradelt, vom Englischen Garten bis zu einem Baustellengrundstück am Harras.“ Die Stadt habe sich stets offen gezeigt für Stattpark Olga, doch sie komme nicht „in die Puschen“, heißt es in Olga-Kreisen. „Es ist immer Spitz auf Knopf und total ungewiss, wie es weitergeht.“
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Quelle: SZ vom 30.10.2015